Blumenflügel

Blumenflügel

Die allerkleinste dieser Blumen besass noch ihre Feenflügel.
Kaum einer konnte sie sehen, waren sie doch für menschliche Augen ob ihrer Zartheit kaum zu erkennen.
 
Fein und zart waren sie gewebt.
 
Flügel aus dem Feenland waren fein und gleichzeitig so stark, dass nichts und niemand sie würde zerstören können. Auf ewig waren sie mit ihrem Herzen verbunden.
 
Das war Segen und Fluch zugleich.
Denn ein menschliches Herz war bei weitem nicht so stabil und unantastbar wie die zarten Flügel der gütigen Feen aus dem kleinen Volk.
 
Zunächst gab es da noch den Schutz, die große Liebe.
Wie einen Schirm hatte die Mutter diesen über ihr ausgespannt.
 
Des Nachts schlief sie in der warmen und weichen Gewissheit ihres Bettes aus Feenmusik und Mutterliebe.
Dann erschien das Leben der großen Leute. Es war jenes Leben, das an Bedingungen geknüpft war, das Leistungen erforderte und in dem sie sich dazu treiben ließ, genügen zu wollen.
 
Wenn sie tief in sich hinein horchte konnte sie das Rauschen ihres Blutes in den Ohren als tiefes und vertrautes Geräusch hören.
Es durchdrang den ganzen kleinen Körper und liess jede einzelne Zelle erbeben.
 
So gewaltig war es, dass sie manchmal Angst bekam, hatte sie doch niemanden in dieser Welt, dem sie es hätte anvertrauen können.
 
Soviel hatte sie gelernt, damals, als man sie zum Arzt bringen wollte und sie für krank hielt, wenn sie davon sprach, dass sie den gewaltigen Herzschlag Gottes tief in ihrem Inneren zu hören vermochte.
Gewiss war sie damals sehr klein und die Stimmen aus dem Jenseits als Verbindungsengel hören zu können, wo sie doch in dieser Welt lebte war eine große Last und Gnade.
 
So ist es oft,
die große Gnade kann uns zur Last werden, wenn wir wie ein kleiner neugieriger Schwan in ein Gesellschaft von Enten hinein geboren werden.
Gleichzeitig ist diese Last Gnade und Erfüllung!
 
In Gesellschaften, in denen die Schamanen und Zauberkundigen gesehen werden, wohnen diese außerhalb des gesellschaftlichen Lebens. Sie leben fernab des Alltagsgeschehens und breiten aus Entfernung ihre Flügel der Liebe aus.
 
Und sie war zur Welt gekommen mit diesen gewaltigen Flügeln, die sich von Jahr zu Jahr weiter ausbreiteten und ihre Liebe zu den Menschen tiefer werden liessen und gleichzeitig den Abstand zum Normalen so enorm vergrößerten.
 
Die Kraft ihrer Flügel spürte sie weiterdings in schamanischen Riten und in Tänzen, die diese Kluft überbrücken konnten.
 
Im Alltag faltete sie ihre Flügel, wie ein demütiger kleiner Hund, der seine Ohren ganz schmal an den Kopf legt um mitmachen zu dürfen und eine kleine Liebe zu spüren.
 
Und irgenwann breitet sie ihre Flügel zur vollen Größe aus, brüllt ein gewaltiges Brüllen und fliegt weit übers Land!
 
Und dort, in der Weite deines Himmels wirst du sie immer wieder finden.
 
#FairyTelling
 
#Jaimärchenerzählerin

No Comments

Post a Comment