Warum ich Geschichten für Kinder spiele:
Als ich 12 Jahre alt war schrieb ich in mein Tagebuch:
*öffne Dein Herz…
*Öffne Dein Herz um nicht zu ersticken…
Bis heute erinnere ich mich an diesen Abend, an dem ich 12 Jahre alt war und an dem ich mich unendlich verbunden und gleichzeitig so einsam fühlte, wie man sich nur fühlen kann.
Ich war voll mit Eindrücken und Bildern, die gehört werden wollten – und ich hatte das Gefühl, dass keiner mir zuhört.
Das ist wahrscheinlich normal in dem Alter.
Lange saß ich an diesem Sommerabend am offenen Fenster, schaute den Sternen beim Wandern zu und spürte mein Herz überquellen. Ich hatte eine winzig kleine Ahnung einer unbegreiflichen Weite geatmet und keine Ahnung wohin mit meinem Eindruck.
Ich weinte.
Meine Eltern erzählen mir, dass ich ein sehr fantasievolles Kind gewesen sei, mit dem Kopf voller Flausen.
Und ein Träumerle war ich, ein Kind das für einen Schulweg von höchstens 180 m manchmal länger als eine halbe Stunde brauchte.
Meine Lehrerin schimpfte nicht dass ich täglich zu spät zur Schule kam. Vielleicht spürte sie, wie unangenehm es mir war, die Türe zu öffnen und allmorgendlich zu sehen, dass alle anderen schon auf ihren Plätzen saßen und ihre Blicke auf mich richteten.
Es war mir unangenehm, angesehen zu werden
und mit der Zeit gelang es mir, beinahe unbemerkt in den Klassenraum einzutreten.
In gewisser Weise war ich also damals „unerhört“.
Ich staunte.
Nicht mal daran erinnern, getrödelt zu haben, konnte ich mich. Bis heute weiß ich nicht, was mir alles begegnete.
Wir wohnten in einer Mietwohnung direkt über einen Möbelgeschäft. Wenn ich meine Nase an die riesige Schaufensterscheibe drückte fragte ich mich jedes Mal, ob es wohl Menschen gibt, die so große hellbraune Sofas in ihrem Wohnzimmer stehen haben. Ich wünschte mir, darauf zu hüpfen, wie auf einem Trampolin und ich stellte mir vor, dass diese Sessel und Sofas so weich sind, wie das Bett der Prinzessin auf der Erbse.
Auf halber Strecke zu Schule war da noch das Zigarrengeschäft von dem alten Herrn Müller, der mit seinen müden Augen vor sich hin starrte. Ein einziges Mal erhaschte ich einen freundlichen Blick, den er mir unter seinen buschigen Augenbrauen zuwarf. Sonst warf er uns Kindern Nichts zu und beäugte uns eher mißtrauisch. Im Schaufenster lagen Pfeifenputzer in vielen leuchtenden Farben. So gerne wollte ich sie haben und draus kleine Püppchen basteln, die nicht grösser waren als die kleinen Elfen an der Lahn, die nur ich sehen konnte.
Auf meinem Schulweg passierte ich eine Ligusterhecke, hinter der hatte ich mich am vorhergegangenen Wochenende zusammen mit meinem Meerschweinchen vor dem Rauhaardackel von Frau Krüger versteckt. Lange hatten wir dort verharrt, bis keine Gefahr mehr drohte. Wir hatten uns Geschichten erzählt von Menschen und Meerschweinchen.
Das Meerschweinchen lauschte in der kleinen Tasche, in der ich es aus der Wohnung geschmuggelt hatte.
Ich erzählte.
An weitere „Halte-Stationen“ erinnere mich kaum, nur an das Haus gegenüber. Dort holte ich, meinen Schulfreund ab, wenn ich mal rechtzeitig kam.
Als Kind lebte ich in meinen Geschichten und fand in meinem kleinen Bruder ein paar Jahre lang einen dankbaren und interessierten Zuhörer.
Später lauschten für lange Zeit nur mein Hund und die Sterne.
Ich vergaß.
Bis…
…bis eines Tages,
ein Koboldmädchen mich an den Haaren zog
und eine Fee mir ins Ohr flüsterte,
dass es nun an der Zeit sei, mich zu erinnern.
Ich lauschte.
Das Koboldmädchen Flause hat mich eine Weile auf der Bühne begleitet. Seitdem inspiriert sie mich dazu Geschichten zu sammeln.
Ich erinnere mich.
Als ich 12 Jahre alt war schrieb ich in mein Tagebuch:
*Öffne Dein Herz um nicht zu ersticken und verschenk all Deine Liebe!